Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) vergangene Woche berichtete, haben die Arbeitgeber des deutschen Produzierenden Gewerbes und wirtschaftlicher Dienstleistungen im Jahr 2019 durchschnittlich 35,90 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde bezahlt – 31 Prozent über dem EU-Durchschnitt (27,40 Euro). Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Rang 7. Davor liegen u.a. Österreich (36,00 Euro), Frankreich (37,30 Euro) und Dänemark mit den höchsten Arbeitskosten in der EU mit 46,30 Euro. Laut Destatis ist die Arbeitsstunde in Deutschland relativ gesehen leicht günstiger geworden im Vergleich zum Vorjahr.
IW: Lohnzurückhaltung und moderate Tarifabschlüsse nötig
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) warnt jedoch in einem Beitrag vor falschen Schlüssen. Zum einen seien die Auswirkungen der Corona-Krise nicht berücksichtigt und zum anderen seien 2019 die Lohnstückkosten, also die Arbeitskosten je produzierte Einheit, um sechs Prozent gestiegen und damit stärker als im Euroraum und in den USA mit jeweils einem Anstieg von drei Prozent. Im internationalen Kostenwettbewerb hat sich Deutschland somit verschlechtert. Als Grund führt IW-Experte Christoph Schröder an, dass die deutsche Industrie bei geringerer Produktion ihre Beschäftigung annährend konstant gehalten hat.
Lohnzurückhaltung wäre laut Schröder auch ohne Coronakrise, die die wirtschaftliche Situation für die deutsche Industrie weiter verschlechtert, nötig. Kurzarbeitergeld sei dazu ein wirksames Instrument, könne aber als alleinige Maßnahme nicht ausreichen. Das IW fordert daher neben der Politik auch die Tarifpartner auf, mit moderaten Tarifabschlüssen zur Kostenstabilisierung beizutragen.
Corona und Tarifabschluss fordern die Zeitarbeitsbranche
Dass das funktionieren kann, zeigt das aktuell im Zeichen von Corona stehende Tarifergebnis der Kautschukindustrie, wo sich die Tarifpartner auf einen kostenneutralen Tarifvertrag geeinigt haben ohne Entgelterhöhungen.
In der Zeitarbeit hat die Verhandlungsgemeinschaft (VGZ) bereits Ende Dezember 2019 einen Tarifabschluss mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) erzielt, der die Branche „wirklich fordert“, so Uwe Beyer, stellvertretender VGZ-Verhandlungsführer und BAP-Vorstandsmitglied. Laut VGZ-Verhandlungsführer Sven Kramer sei man mit dem Abschluss bis an die Schmerzgrenze gegangen. Beschlossen wurden u.a. regelmäßige Tariferhöhungen ab dem 1. April 2020 und eine bundesweite Lohnangleichung ab dem 1. April 2021. Neben dem teuren Tarifabschluss sieht sich die Branche aktuell mit der Coronakrise konfrontiert. Laut des Forschungsinstituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden im April die Arbeitslosenzahlen deutlich steigen. „Auch in der Zeitarbeit, die häufig als Puffer für konjunkturelle Schwankungen dient, ist mit einem starken Einbruch zu rechnen.“ Diesen Donnerstag, den 30. April, wird die Bundesagentur für Arbeit die aktuellen Zahlen bekannt geben.
© 2020 Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP)